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Wilhelm-Rimpau-Preis 2022

Innovationen für die Praxis von morgen

Die Gewinner der Wilhelm-Rimpau-Preise 2022 kommen von der Fachhochschule Südwestfalen in Soest, der Justus-Liebig Universität Gießen, der Technischen Universität München sowie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Der Preis ist nach Wilhelm Rimpau, dem „Vater der deutschen Pflanzenzüchtung" und Gründer der Saatzuchtabteilung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) benannt. Eine unabhängige Jury wählte in diesem Jahr aus den insgesamt 23 eingereichten sehr guten Arbeiten, die  zwischen 2020 und 2022 angefertigt wurden, vier besonders herausragende  aus.

Sie hob hervor, dass sich die Qualitäten der Abschlussarbeiten unabhängig von den Hochschulformen im Prinzip in nichts nachstehen. Ein besonderes Augenmerk richtete das Gremium auf das für diesen Preis so wichtige Kriterium der Praxisnähe. Es wurden die geltenden Statuten des Wilhelm-Rimpau-Preises ausdrücklich bestätigt, dass mit Praxisnähe nicht nur die Nähe zur landwirtschaftlichen Praxis gemeint ist, sondern auch eine Verbindung zu den vor- und nachgelagerten Branchen bestehen muss. Von den 23 Einsendungen widmeten sich sieben dem Pflanzenschutz, jeweils vier kamen aus der Pflanzenzüchtung und der Landtechnik, drei aus der Pflanzenernährung, zwei aus der Grünlandbewirtschaftung und jeweils eine aus der allgemeinen Pflanzenproduktion, dem ökologischen Landbau sowie aus dem Bereich der Arznei- und Gewürzpflanzen.

Teilgenommen haben Universitäten und Hochschulen aus Halle, Göttingen, Gießen, München, Hohenheim, Nürtingen, Geisenheim, Rostock, Soest, Weihenstephan-Triesdorf, Kiel sowie Wien und Paris, was eine breite Streuung unterstreicht.

Elektrophysikalisches Verfahren gegen Unkraut

Der mit 2.000 € dotierte erste Rimpau-Preis geht an Manuel Bongard für seine Masterarbeit „Reduktion von Herbiziden durch alternative Verfahren zur Unkrautbekämpfung im Zuckerrübenanbau“. Die Arbeit betreute Prof. Verena Haberlah-Korr, Fachgebiet Pflanzenschutz, Fachbereich Agrarwirtschaft an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest. Für die Masterarbeit zu der sehr aktuellen und praxisrelevanten Frage der alternativen Unkrautbekämpfung in Zuckerrüben führte Bongard Feldversuche an zwei Standorten durch. Neben einem Standort im Rheinland befand sich der zweite Versuchsstandort exakt dort, wo auch in diesem Jahr die Wilhelm-Rimpau-Preise vergeben wurden: auf dem Versuchsgut Kirschgartshausen der Südzucker AG. Passender konnte man es wohl kaum treffen: ein Preis für eine Masterarbeit, die sich thematisch mit der Zuckerrübe beschäftigt, wird genau dort verliehen, wo sich auch sonst alles um die Königin der Feldfrüchte dreht. Die Daten für die Abschlussarbeit wurden hier vor zwei Jahren erhoben.

Die Unkrautbekämpfung in Zuckerrüben steht vor einem Umbruch. Die Neubewertung von Wirkstoffen, die Reduzierung der zur Verfügung stehenden Herbizide sowie zunehmend resistente Unkräuter und Ungräser erfordern eine Änderung des Unkrautmanagements.

Kombination mit der Bandspritzung

Bisherige Alternativen wie die Unkrautbekämpfung mittels Thermik und Mechanik funktionieren, jedoch ist der Arbeitsaufwand recht hoch und die Flächenleistung zu gering. Um also den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel zu reduzieren und dennoch produktiv und effizient Zuckerrüben anbauen zu können, bedarf es neuer Lösungen. Dazu untersuchte Bongard die Wirksamkeit chemischer, mechanischer und elektrophysikalischer Methoden auf zwei Standorten. Er verglich die flächige Herbizidapplikation mit einer Bandapplikation, welche absetzig mit mechanischen und elektrophysikalischen Maßnahmen kombiniert wurde. Der Einsatz des elektrophysikalischen Verfahrens kam erstmals zwischen den Zuckerrübenreihen zum Einsatz.

Die Versuche von Bongard ergaben, dass die Kombination der verschiedenen Bekämpfungsverfahren zu einer Steigerung des Gesamtwirkungsgrades führen kann, sofern sie unabhängig voneinander zu den jeweiligen optimalen Witterungsbedingungen eingesetzt werden. Die elektrophysikalische Bekämpfung erwies sich dabei als besonders effektiv, da bereits zwei Maßnahmen ausreichten, um einen unkrautfreien Zuckerrübenbestand zu erhalten. Auch Problemunkräuter wie Ackerkratzdistel und Gänsefuß wurden erfolgreich bekämpft.

Die Ergebnisse dieser Masterarbeit zeigen, dass durch die Einbindung des elektrophysikalischen Verfahrens in die Bekämpfungsstrategie die Behandlungshäufigkeiten reduziert werden können, ohne auf die Unkrautwirkung verzichten zu müssen. Besonders auf Problemstandorten und bei resistenten Unkräutern können die Rüben zwischen den Reihen unkrautfrei gehalten werden.

In Kombination mit der reihenbezogenen Bandspritzung lässt sich der Herbizidaufwand um bis zu 60 Prozent reduzieren, womit eine Möglichkeit aufgezeigt wird, wie sich die Zielsetzungen des Green Deals verwirklichen lassen.

Diese Arbeit besticht durch ihren deutlichen Bezug zur landwirtschaftlichen Praxis und die eindeutige Umsetzbarkeit für landwirtschaftliche Betriebe, sodass der Urgedanke Wilhelm Rimpaus „Fortschritt in die Landwirtschaft bringen“ voll erfüllt wird. Daneben ist die Arbeit von Herrn Bongard hervorragend lesbar und stellt sich in Summe als eine herausragende Abschlussarbeit dar, die auch verdientermaßen mit der Beurteilung „sehr gut“ bewertet wurde.

Für den Wilhelm-Rimpau-Preis wurde die Arbeit von Bongard deshalb in besonderer Weise hervorgehoben, weil er eindrucksvoll bewiesen hat, dass er praxisrelevante Fragestellungen auf hohem wissenschaftlichem Niveau bearbeiten kann, diese auch mehrfach veröffentlichen konnte und sich den ersten Preis des Wilhelm-Rimpau-Preises 2022 mehr als verdient hat!

 

Zuchtfortschritt zur Trockenstresstoleranz

Den zweiten Preis des diesjährigen Wilhelm-Rimpau-Preises, dotiert mit 1.500 €, gewann Lukas Förter für seine Bachelorarbeit: „Vegetationsbegleitende Hochdurchsatzfeldphänotypisierung einer Winterweizenkollektion unter kontrastierenden Beregnungsintensitäten mittels drohnengestützter multispektraler Reflexionsmessungen“. Die Arbeit wurde an der Professur für Pflanzenzüchtung der Justus-Liebig-Universität Gießen geschrieben und von Prof. Rod Snowdon betreut. Förter hat sich in seiner Bachelorarbeit mit dem Einsatz von sensortragenden Drohnen für die Hochdurchsatzphänotypisierung in der Weizenzüchtung im Hinblick auf das Merkmal der Trockenstresstoleranz beschäftigt.

Weizen ist, wie weltweit viele weitere Kulturen, durch den fortschreitenden Klimawandel akut von trockenstressbedingen Ertragseinbußen betroffen. Um eine züchterische Antwort in Form von trockenstresstoleranten Sorten durch die Selektion der besten Genotypen zu finden, bedarf es vorab einer Erfassung möglichst zahlreicher, genauer phänotypischer Informationen.

Förter beschreibt in seiner Arbeit, wie sich der Multispektralsensor zur Phänotypisierung in Feldversuchen eignet. Die groß angelegten Versuche im Eliteweizen beweisen, dass die Sensortechnik Datenerhebungen ohne großen zeitlichen und personellen Aufwand erlaubt, die eine Erhöhung des Zuchtfortschritts zulassen. Der Sensor kann die phänotypischen Daten, die vorher mit einem Handgerät ermittelt werden mussten, in einem Bruchteil der Zeit mit derselben Genauigkeit erfassen. Dabei ist relevant, dass die erhobenen Daten phänotypische Merkmale quantifizieren können, die mit hohen Erträgen unter Trockenstress korrelieren.

Dabei geht die Arbeit weit über das Niveau einer Bachelorarbeit und wahrscheinlich auch vieler Masterarbeiten hinaus und besticht durch eine exzellente Statistik sowie eine hervorragende sprachliche und formale Gestaltung. Förter zeigte mit seiner Bachelor-Arbeit eindrucksvoll, wie mit modernster Technik die Weizenzüchtung trockenstresstoleranter Sorten unterstützt und Zuchtfortschritt generiert werden kann. Die Innovation des Themas, der Beweis der Machbarkeit und die hohe Qualität der Arbeit sorgen dafür, dass sich Förter diesen zweiten Preis redlich verdient hat!

Der dritte Preis ging in diesem Jahr an zwei Preisträger, deren Arbeiten von der Jury als ebenbürtig bewertet wurden.

 

Potenziale von Hybridweizen erschließen

Erster Gewinner ist Johannes Schneider von der Martin-Luther Universität Halle Wittenberg, Halle.

Er erhält den mit 500 € dotierten Rimpau-Preis für seine Masterarbeit: „Die Eignung von Elitelinien für die Hybridsaatgutproduktion und als Tester in Kreuzungen mit pflanzengenetischen Ressourcen“. Die Arbeit wurde, passend zum heutigen Arbeitgeber des Preisträgers, am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung sowie an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg erstellt und von Prof. Jochen Reif betreut.

Schneider untersuchte quantitativ-genetische Aspekte der Rezeptivität der Weizenblüte und konnte starke Unterschiede in der Eignung von Weizensorten als Mutterlinie für die Hybridproduktion beobachten. Mit seinen Ergebnissen trägt Schneider dazu bei, Grundlagen für die Untersuchung des Ertragspotenzials der genetischen Ressourcen des Weizens im Hybridhintergrund zu untersuchen. Dadurch ist es möglich, wertvolle Diversität für die Verbesserung des Hybridweizens zu erschließen.

Die gestellte Versuchsfrage und die methodisch komplexe Versuchsanstellung konnte Schneider durch fundierte praktische und theoretische Kenntnisse der Pflanzenwissenschaften erfolgreich umsetzen. Die Kommission hob in ihrer Beurteilung der Masterarbeit die ausgereifte Versuchsanstellung, den Innovationsgehalt der Fragestellung und das hohe wissenschaftliche Niveau dieser Masterarbeit hervor. Die vielseitigen Experimente, welche in zwei Serien von Feldversuchen und an drei unterschiedlichen Standorten durchgeführt wurden, fanden unter anderem in unmittelbarer Nähe zur Domäne Schlanstedt in Sachsen-Anhalt statt, welche bereits der Namensgeber dieses Preises, Wilhelm Rimpau, für seine Studien nutzte. Die Versuchsergebnisse wurden in der international renommierten Zeitschrift „Frontiers in Plant Science“ veröffentlicht.

 

Keine Zeit bei der Wende verlieren

Ebenfalls einen dritten Rimpau-Preis , dotiert mit 500 € erhielt Matthias Stettmer von der Technischen Universität München für seine Masterarbeit: „Vergleichende Untersuchung der Wendezeiten in der Bodenbearbeitung von individuell geplanten und nicht geplanten Befahrungsstrategien unter Berücksichtigung der Schlagform“. Die Arbeit wurde am Lehrstuhl für Agrarsystemtechnik der TU München angefertigt und von Prof. Heinz Bernhardt betreut.

Stettmer beschäftigte sich mit Verfahren zur Reduktion von Wendezeiten bei der Bodenbearbeitung und testete diese in umfangreichen Feldversuchen auf einem Praxisbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern.

Wendezeiten in der Bodenbearbeitung gehören neben Rüst- und Wegzeiten zu den größten Faktoren von vermeidbarer Arbeitsineffizienz.


Mithilfe GPS-gestützter Lenksysteme ergeben sich vielfältige Möglichkeiten zur Befahrung landwirtschaftlicher Flächen. Stettmer untersuchte vier verschiedene typische Fahrmuster: das Spur an Spur-Fahren, das Befahren der jeweils zweiten Spur sowie das Fahren in einem Beet mit jeweils zwei oder drei übersprungenen Fahrspuren in Abhängigkeit eines geraden, eines kurvigen und eines schrägen Vorgewendes auf fünf verschiedenen Ackerschlägen.

Ziel der Masterarbeit war, im Detail zu untersuchen, welches Fahrmuster in Abhängigkeit der Schlagform und der Maschineneigenschaften als optimal gilt, um im Anschluss Regeln zur Routenplanung ableiten zu können. Er konnte herausfinden, dass durch ein an den Schlag und das Bodenbearbeitungsgerät angepasstes Fahrmuster die Wendezeit um bis zu 40 Prozent reduziert werden kann. Als besonders bemerkenswert gilt die hohe Praxisorientierung der Arbeit sowie der enorme Aufwand in der Durchführung, der für eine echte Fleißleistung spricht.

Die Masterarbeit kann nicht nur zur Effizienzsteigerung in Ackerbausystemen beitragen, sondern legt auch Grundlagen, um die Entwicklung des autonomen Fahrens voranzubringen. Die Jury betonte wie sehr die Arbeit von Stettmer den 3. Preis auf Grund ihrer Praxisnähe definitiv verdient hat.

Die DLG gratuliert allen vier Preisträgern zu den Wilhelm-Rimpau-Preisen und freut sich, dass auch in diesem Jahr wieder vier innovative und praxisnahe Abschlussarbeiten der Pflanzenproduktion ausgezeichnet werden konnten!

 

Weitere Informationen

Interessenten erhalten weitere Informationen bei der DLG, Eschborner Landstraße 122, 60489 Frankfurt am Main

Ansprechpartner
Johannes Steinfort
Projektleiter Junge DLG
DLG e.V.
Eschborner Landstraße 122
60489 Frankfurt
JungeDLG@DLG.org
www.JungeDLG.org